Als wir uns dafür entschieden haben, auf die Azoren zu fliegen war eines sofort klar: Flores müssen wir unbedingt sehen! Die Insel mit den unendlich vielen Wasserfällen und abgeschiedenen Dörfern soll ein einziges Naturparadies sein. Hier wollen wir wandern gehen und die Abgeschiedenheit genießen.
Mit einer kleinen Propellermaschine ging es von São Miguel 45 Minuten auf die westlichste und auch nördlichste Insel der Azoren: Flores. Der Flug mit SATA kostete gerade einmal 75€ und war zwar etwas ruckelig, so wie man sich dass eben in so einer kleinen Maschine erwartet, aber sonst einwandfrei. Prinzipiell kann man in den Sommermonaten auch mit dem Schiff anreisen. Die Überfahrt war aber wegen der unruhigen See und dem unbeständigen Wetter für uns dann doch etwas zu riskant, außerdem dauert die Fahrt von São Miguel zwei Tage mit einmal Umsteigen. Direkt Flüge oder Fähren vom Festland gibt es leider keine. Angekommen in Santa Cruz der Hauptstadt von Flores wurden wir auch schon von unserem Taxi abgeholt.
Wie immer hatten wir kein Auto gemietet. Für die vier Tage, die wir auf Flores verbrachten, kamen wir damit aber sehr gut zurecht. Ein Auto zu mieten und auch das Tanken sind auf der Insel teurer als beispielsweise auf São Miguel. Daher kommt man günstiger voran, wenn man sich einmal am Tag ein Taxi leistet. Es soll zwar auch öffentliche Busse geben, aber von denen haben wir weit und breit nichts gesehen. Auch Bushaltestellen kamen uns keine unter. Der Bruder unseres Airbnb-Besitzers hatte glücklicherweise ein „Taxi Unternehmen“, also ein Auto mit dem er Touristen vom Flughafen abholte. Ihn konnten wir eigentlich immer anrufen und er holte uns in wenigen Minuten überall ab. Eine Fahrt kostet zwischen 10 und 20€. Auf Flores kann man aber auch besonders gut wandern und deshalb sollte es bei gutem Wetter eigentlich möglich sein viele Strecken zu Fuß zu gehen, wenn man einen guten Ausgangspunkt hat.
Wir entschieden uns vier Nächte in Faja Grande zu bleiben. Warum? Ganz einfach, weil der Ort traumhaft aussah, als wir recherchierten. Außerdem gehen alle wichtigen Wanderrouten bei Faja Grande vorbei oder starten sogar dort. Diese Wahl war auch definitiv die richtige. Faja Grande ist noch schöner, als wir es von den Fotos erhofft hatten. Es war ein kleines Paradies am Ende der Welt. Wasserfälle, die in die Tiefe stürzten und in dessen Bächen man baden konnte, ein natürlicher Swimmingpool mit Bar, wo wir uns am Abend immer ein Bier gönnten, ein Restaurant mit unglaublichem Ausblick auf die Berge, ein winziger Supermarkt und immer wird herzlich gegrüßt.
Geschlafen haben wir in einem Airbnb dass ich jetzt nicht unbedingt weiterempfehlen würde. Keine Frage, es war mit 40€ spottbillig und wirklich super zentral, aber es war auch etwas schmuddelig, die Küche sehr dreckig und das Frühstück bestand leider nur aus Milchprodukten (zwar von der eigenen Kuh von vor der Haustüre, aber das hilft meinem Magen leider auch nicht).
Viele Restaurants gibt es in Faja Grande nicht, schon gar nicht wenn man vegetarisch oder vegan unterwegs ist. Wir haben uns trotzdem in das Restaurant am Ende der Welt verliebt. Zumindest haben wir das so genannt. Papadiamandis hat eine wunderschöne Terrasse mit Lichterketten und Blick auf die Wasserfälle, außerdem kann man von dem Restaurant aus wunderbar den Sonnenuntergang beobachten. Hier gibt es nicht nur frischen Fisch, sondern auch Pizza und Reis mit Gemüse und Tofu. Das letzte Gericht war wirklich eine Überraschung und eine willkommene Abwechslung, wenn man seit Wochen von Linsen und Nudeln lebt. Essen auf Flores ist logischerweise nicht gerade billig, da viele der Lebensmittel importiert werden müssen. Daher haben wir eigentlich immer geschaut, dass wir halbwegs regionale Produkte kaufen und essen. Gemüse und Obst wächst hier aber wirklich kreuz und quer fast alles. Wir fanden Ingwer, Trauben, Feigen, frische Minze und Bananen an den Wanderwegen. In den Gärten sahen wir viel Kraut und Rüben, welche aber kaum irgendwo verkauft werden.
Es gibt in Faja Grande mehrere Möglichkeiten um Baden zu gehen. Eine ist der Wasserfall Poco da Bacalao. keine 5 Minuten vom Zentrum des Ortes ist der gigantische Wasserfall anzutreffen, wo gerne auch die Kids nach der Schule hineinspringen. Dort befindet sich auch das Ende bzw. der Anfang von einigen Wanderungen, was für eine Abkühlung perfekt ist. Obwohl es nur 23 Grad hatte, war es trotzdem mehr als angenehm in das Wasser zu springen, da die Luftfeuchtigkeit bei fast 80% liegt.
Im Ort gibt es zwei natürliche Swimmingpools, das bedeutet gemauerte Schwimmbecken im Meer, wo ständig frisches Meerwasser hineingespült wird. Da das Wasser an vielen Tagen sehr bewegt ist, ist das die perfekte Lösung um doch noch eine runde zu schwimmen. Wir haben dort gerne ein paar Stunden am Nachmittag verbracht, nach dem wir Wandern waren. Das Meerwasser ist wegen des Golfstroms angenehm warm. Auf Flores wird übrigens Umweltschutz groß geschrieben. Um Zigaretten Kippen am Strand zu vermeiden, gibt’s dort Aschenbecher zum Ausleihen. Außerdem werden hohe Strafen verhängt, wenn man Müll in der Natur liegen lässt.
Das absolute Aushängeschild für Flores ist Poco da Alagoinha oder auch Lagoa dos Patos genannt. Der 1,3 Hektar große See liegt versteckt in Mitten des Regenwaldes und wird von zahlreichen Wasserfällen gespeist, die dramatisch von den Bergen herab fallen. Der Anblick ist einfach traumhaft und lässt einen sofort eine Landschaft mit Dinosauriern assozieren. Obwohl der Ort wirklich das Sightseeing Highlight auf Flores ist, waren wir fast alleine dort, was ein Beweis dafür ist, dass Flores noch eines der wenigen „untouristischen“ Orte Europas ist. Außer uns war dort nur ein Herr mit einer Sporttasche. Zu erst waren wir etwas skeptisch, was der hier wohl macht. Als Alex aber seine Zigarette ausgeraucht hatte, kam der Herr zu uns und sammelte den Zigarettenstummel ein. Tatsächlich ist er dafür verantwortlich dieses Naturschutzgebiet müllfrei zu halten. Wir fanden das richtig cool!
Die Wanderung von Faja Grande ist 4 km lang. Man kann anfangs entweder an der Straße entland laufen, oder man geht den Wanderweg (auch ein kleiner Umweg) vom Poco da Bacalao weg. 800 Meter vor dem See findet man das erste Hinweisschild an der Hauptstraße, dann verläuft der Weg total romantisch durch den Regenwald. Eine sehr einfache Wanderung, die auch bei Regen möglich ist.
Wir verknüpften unsere Wanderung zum Poco da Alagoinha gleich mit einem weiteren Spaziergang nach Fajazinha. Der Weg führt entlang der ausgeschilderten Wanderroute, die weiter führt nach Lajedo. Das Örtchen war bis in die 1950er Jahre von der Außenwelt abgeschirmt, da keine Straße dort hin führte. Bis heute ist dort nicht viel los, außer dass man entzückende Häuschen vorfindet. In der Nähe der Kirche haben wir einen kleinen Laden gefunden, vor dem ein Haufen älterer Männer saßen. Sie sahen aus wie Seemänner, die schon viel erlebt hatten und tranken Kaffee. Wir setzten uns dazu und bestellten uns auch einen Espresso. Fasziniert von Alex‘ Tattoos und gedrehten Zigaretten wollten die Herren gleich ein Gespräch mit ihm anfangen, was etwas schwierig war, denn den Akzent konnte ich so gut wie nicht verstehen. Nach einem herzlichen „Adeus“ (Aufwiedersehen) erkundeten wir weiter das Örtchen. Jedes Haus hatte einen großen Vorgarten mit einem Permakultur-Garten. Hier wächst alles und man merkt, dass in dem Dorf Selbstversorgung betrieben wird. Viele von ihnen hatten auch Nutztiere im Garten stehen. Einen Truthahn, eine Ziege, Schafe oder ein Pferd, natürlich liefen auch einige Katzen im Dorf herum. „Hier möchte ich alt werden“ habe ich zu Alex gesagt.
Spaziert man von Faja Grande am Poco do Bacalhau 2 km am Meer entlang erreicht man am Ende der Straße Ponta da Faja. Ein kleines verschlafenes Dorf, in dem nur noch wenige Häuser bewohnt sind. In den 1980er Jahren hat es dort einen Erdrutsch gegeben uns sämtliche Gebäude wurden unter der Gewalt der Felsen vergraben. Nichtsdestotrotz gibt es sogar noch ein Apartment in dem kleinen Ort. Von Ponta da Faja verläuft auch einer der beliebtesten Wanderwege von Flores und zwar weiter nach Ponta Delgada. Leider ist dieser nur bei gutem Wetter machbar, und weil es während unserer Zeit auf Flores oft regnete und die Windgeschwindigkeit sehr hoch war, mussten wir darauf verzichten. Der Spaziergang nach Ponta Faja ist aber ein nette Beschäftigung, wenn man kein Auto hat.
Das beste kommt zum Schluss. Wie bereits erwähnt war das Wetter die Tage, an denen wir auf Flores waren nicht ganz so schön. Der Hurrikan, der eine Woche zu vor über die Azoren sich fortbewegt hatte, trug bestimmt seinen Teil dazu bei. Es war trotzdem sehr warm und wir konnten ohne Probleme schwimmen gehen, keine Frage, aber Wanderwetter war es leider keines. Es nieselte immer wieder und der Wind war sehr stark, außerdem hing der Nebel wie ein Magnet tagelang um die Berge. Wir verzichteten deshalb auf die lange Wanderung nach Ponta Delgada, weil diese bei Regen, auf Grund der Rutschgefahr, auf keinen Fall gemacht werden sollte.
Laut Reiseführer war die Wanderung von Faja Grande nach Lagoa Comprida bei Regen aber okay. Und weil es wirklich nur nieselte, starteten wir die 7 km lange Wanderung auf die Berge zu den Vulkan-Krater-Seen. Der Aufstieg war atemberaubend schön und auch sehr anstrengend. Schließlich geht man eine Stunde nur steil Bergauf. Eine tote Maus, die mit Maden überzogen war und Mitten am Weg lag wurde zum bösen Omen unserer Wanderung. Als wir am Bergkamm ankamen war die Sicht wegen des Nebels so schlecht, dass wir teilweise unser GPS einschalten mussten, um den Weg zu finden. Die Wanderweg-Markierungen sind aber wirklich extrem gut und im Prinzip sollte man damit nie Probleme haben. Außerdem war der Wind ein echtes Problem dort oben. Fragt mich nicht wie viel Stundenkilometer dieser fegte, aber es war viel. Ich hatte angst den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. Kurz sprachen wir darüber, ob wir umkehren sollten. Da der Abstieg aber sehr schwer werden würde, entschieden wir uns fürs Weitergehen. Mindestens eine Stunde marschierten wir zuerst über den Kamm, dessen Abgründe in die Tiefe wir immerhin wegen dem Nebel nicht erkennen konnten und weiter über eine matschige Kuhweide. In der ständigen Angst von einer Kuh nieder getrampelt zu werden gingen wir zügig aber sehr leise bis zum nächsten Gatter.
Noch immer waren die Seen nicht in Sicht und mit Hilfe des GPS entschieden wir uns schließlich an einer Abzweigung den Weg zur Hauptstraße zu nehmen und nicht zu den Seen weiter zu gehen. Der Wind war mittlerweile so stark, dass wir immer Schutz suchten, um uns weiter zu bewegen. Ich fand eine Tafel, die den Eingang des Naturschutzgebietes kund machte, fotografierte sie ab und rief „unseren“ Taxi Fahrer an, er solle uns doch bitte dort abholen. Wir hatten nämlich wirklich keine Ahnung wo wir waren. Unser Fahrer war etwas erschrocken, als er uns da so auf der Straße im Regen und Wind kauern sah und fragte, ob niemand von uns verletzt sei. Uns ging es Gott sei Dank gut, aber aus dem Fehler haben wir bestimmt gelernt, es hätte ganz anders ausgehen können.
Daher: vor dem Start der Wanderung am besten mit Einheimischen reden, die kennen das Wetter am besten. Bei Wind, Regen oder Nebel Wanderungen in den Bergen meiden!
Als wir an unserem letzten Tag wieder unseren Fahrer riefen, damit er uns zum Flughafen bringt,überraschte uns dieser mit einem kleinen Abstecher. Er wollte dass wir Lagoa Comprida, Lagoa Negra und Lagoa Seca unbedingt noch sehen. Immerhin mussten wir ja kurz vor ihnen unsere Wanderung abbrechen. Er fuhr uns also an alle drei Seen und zeigte uns wie wir die schönsten Fotos davon machen konnten. Das war wirklich eine unheimlich nette Geste und ein Wahnsinns Erlebnis zum Abschluss.
Flores war einer der atemberaubendsten Orte die ich je bereisen durfte. Eine kleine Rundreise um die Insel mit dem Auto oder dem Bus wäre bestimmt sehr schön gewesen, hätten wir mehr Zeit dort eingeplant. Aber auch einfach diese vier Tage in diesem kleinen Dorf zu verbringen war einfach magisch und auch wenn das Wetter nicht das aller beste war, haben wir doch das beste draus gemacht und eine wirklich wunderschöne Zeit in Faja Grande verbracht.
Habt ihr noch Fragen zu Flores? Oder wart ihr vielleicht sogar schon einmal dort und habt noch weitere Tipps?
Weitere Artikel zu den Azoren findet ihr hier:
möchte auch dorthin, danke für deine infos und die schönen fotos !
Lieber Kasimir,
danke für dein Kommentar!
Eine Reise dort hin kann ich wirklich nur empfehlen!
Alles Liebe,
Mira
Hi Mira,
welchen Wanderführer habt ihr für die Azoren verwendet?
Alles Liebe,
Chiara
Liebe Chiara,
ich habe den Reiseführer vom Müller Verlag verwendet. Habe diesen explizit gewählt, weil dort eben auch die wichtigsten Wandertouren angeführt sind. Würde diesen aber nun nicht mehr kaufen, weil er teilweise ungenau und nicht aktuell war. Lieber in einen guten spezifischen Wanderführer von zb. Rother investieren.
Uns hat die App Komoot auch oft weiter geholfen und uns zurück auf den richtigen Track gebracht.
Wünsche dir eine wundervolle Reise auf den Azoren!
Alles Liebe,
Mira
Hallo Mira,
Danke für den tollen Artikel, wir sind gerade auf Flores und genießen diese atemberaubende Landschaft.
Wir nutzen mittlerweile hauptsächlich maps.me, ist eine super App mit allen Wanderwegen. Hat bisher in jeden Land gut funktioniert.
Liebe Grüße,
Lina
Liebe Lina,
vielen Dank für dein liebes Kommentar!
Flores ist wirklich eine ganz besondere Insel. Ich hoffe ihr habt die Zeit dort genossen!
Danke für den Tipp mit der App, ich werde sie demnächst mal ausprobieren.
Alles Liebe,
Mira
Flores ist übrigens nicht die nördlichste Azoreninsel – das ist die kleine Nachbarinsel Corvo 🙂
Danke für den tollen Blogbeitrag und für die vielen Infos!
Ups. 🙂
Danke für den Hinweis! Und danke für die lieben Worte!
Alles liebe Mira