Mittlerweile bin ich seit fast einem Monat in Brasilien. Zeit einen kleinen Zwischenbericht zu verfassen und über mein Leben hier etwas zu berichten.
Ich habe schon öfter längere Zeit im Ausland verbracht. Mit 19 Jahren war ich für ein Praktikum in Dublin für zwei Monate, nach der Matura ging es für mich für ein halbes Jahr nach Lissabon, um dort (Lebens)Erfahrungen zu sammeln, kurz darauf zog es mich für ein Monat nach Berlin, ursprünglich wollte ich dort länger bleiben, aber der Plan ging irgendwie nicht auf… Mit 22 Jahren ging es dann für mich ein Monat nach Salvador für einen Sprachkurs. Die Möglichkeit im Ausland für eine gewisse Zeit zu leben hat mich immer schon gereizt. Natürlich ist es oft kein Zuckerschlecken und auch kein Dauerurlaub.
Neue Sprache, fremde Bürokratie, neue Universität, andere Sitten, anderes Klima…. Ich hätte einfach zuhause bleiben können und es mir in meiner Comfortzone gemütlich machen können, ganz easy weiter studieren und natürlich an der Seite meines Freundes bleiben. Ein unerfindlicher Grund hat mich dazu gebracht noch einmal diesen Schritt zu gehen und dem Ungewissen entgegen zu blicken. Ich bin keine 20 Jahre mehr, Erasmus hatte ich quasi schon nach der Matura, die ganzen All-you-can-drink-Parties, zu wenig Schlaf, viele internationale Leute kennen lernen… Ich wusste, dass das nicht mehr auf meiner Prioritätenliste stand. Mir ging es um die Universität, mich weiter zu bilden, die Sprache zu vertiefen und natürlich das Land zu bereisen, das mich vor drei Jahren so sehr begeistert hat. Geht dieser Plan hier tatsächlich auf?
Wer meinen Blog schon länger liest weiß, dass das Erlernen von Portugiesisch für mich eine endlose Geschichte ist. Die größte Schwierigkeit ist für mich noch immer Sprechen und Verstehen. Ich hatte immer große Hemmungen Sätze auf Portugiesisch zu formulieren, mittlerweile funktioniert das besser, denn ich habe keine andere Wahl. In Brasilien sprechen viele kein Wort Englisch, auch auf der Uni nicht. Mir wurde deshalb sehr schnell bewusst, dass ich über meinen Schatten springen muss, um voran zu kommen. Neben der täglichen Auseinandersetzung mit der Sprache, besuche ich momentan zwei Sprachkurse. Einmal die Woche habe ich Einzelunterricht in Rio und zwei Mal die Woche habe ich einen Kurs auf meiner Uni mit drei anderen Ausländern. Es geht also voran und jede Woche lernt man ein bisschen mehr. Auf der Universität fühle ich mich aber noch immer komplett verloren. Die akademische Sprache ist noch einmal eine andere Herausforderung und ich weiß nicht ob ich mich dort so schnell einleben kann.
Ab und an wünsche ich mir meine Uni Wien zurück. Die tolle Organisation, das Online-anmelde-System, Moodle, Univies, die Facebookgruppen, etc… Hier in Niteroi fängt schon mal das Problem an, dass keiner wirklich weiß, wann welche Kurse beginnen. Mir wurde ursprünglich mitgeteilt, dass in der zweiten März Woche meine Seminare los gehen, als ich dann das erste Mal auf der Uni war, musste ich feststellen dass bloß ein einziger Kurs zu diesem Zeitpunkt beginnen wird und alle anderen erst zwei Monate später starten. Gerade als Austauschstudent, mit bereits gebuchtem Rückflug, geplantem Besuch vom Boyfriend am Ende des Semesters, eine Katastrophe… Im Sekretariat bekomme ich jedes Mal andere Informationen zu dem Kursbeginn und das obwohl die Uni doch diesmal gar nicht streikt… Ich habe mich mittlerweile damit abgefunden, besuche den einzigen Kurs der momentan angeboten wird, obwohl dieser gar nicht meiner Spezialisierung entspricht und warte, bis ich Anfang Mai einen weiteren Kurs besuchen darf. Die Hoffnung, dass ich mich hier auf der Uni tatsächlich in meinem Fachbereich weiter bilden kann, ist momentan noch Fragwürdig.
In Brasilien als Vegetarier zu leben ist bestimmt keine einfache Sache, vor allem wenn man nicht viel Geld hat. Fleisch ist hier, im Gegensatz zu Österreich, extrem billig und jeder isst es. Wenn man auf Fleisch verzichten möchte bekommt man, zumindest in Restaurants hauptsächlich Käse, in allen frittierten Variationen. Brasilianer sind mächtig stolz auf die vielen verschiedenen Bolinhos gefüllt mit Käse, Fleisch oder Fisch. Es ist fast so, als würde ich mich in Österreich nur von Paniertem Camembert oder Emmentaler ernähren. Da das für mich keine Option ist, koche ich eigentlich sehr viel für mich alleine. Ich habe einen Supermarkt in meiner Nähe gefunden, der Bio-Produkte und sehr viel verschiedenes Gemüse verkauft. Der Laden ist vergleichsweise recht teuer, die Preise entsprechen denen in Österreich. Das große Plus allerdings; dort bekommt man auch Tofu und Fleischersatz, Mandelmilch, Chiasamen und ähnliche Spielereien, die ich in Österreich gewohnt bin zu kaufen. Meine Mahlzeiten wechseln dann zwischen Reis, Nudeln, Kartoffeln und Sandwiches immer mit anderen Beilagen. So funktioniert das recht gut. Interessant wird es für mich wenn ich von Hotels abhängig sein werde, wo ich mir die Mahlzeiten nicht selbst zubereiten kann.
Brasilien besser kennen zu lernen stand bei mir bei diesem Auslandssemester immer an oberster Priorität. Momentan bin ich noch nicht raus gekommen aus meiner kleinen Universitätsstadt Niterói. Ab und an bin ich in Rio anzutreffen, aber mit einer fast zwei Stündigen anreise bis nach Ipanema, doch eine kleine Weltreise. In Niterói gibt es aber Einiges zu entdecken. Meine Mitbewohnerin nimmt mich alle paar Tage zu einer anderen tollen Sehenswürdigkeit mit. Hier gibt es traumhafte Strände, Missionskirchen aus dem 17. Jahrhundert, Festungen und moderne Architektur von Oscar Niemeyer. Also Allerhand zu tun und zu sehen. In weniger als drei Woche geht’s es dann aber endlich auf Erkundungstour ins Innere des Landes!
Habt ihr auch schon mal für längere Zeit im Ausland gelebt? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
Hey Mira,
Wirklich toller und spannender Artikel. Ich habe ihn regelrecht verschlungen.
Gibt es überhaupt keine Naturkosmetik in Brasilien? Das wäre wirklich krass, da besonders der Kosmetikmarkt in dem Bereich wächst in Brasilien. Aber wahrscheinlich wieder nur für den Export 🙁
Liebe Nadia,
vielen Dank für dein liebes Feedback!
Ich denke auch, dass die Produkte hauptsächlich für den europäischen Export erzeugt werden, was echt schade ist.
Bisher bin ich auf die Marke Granado gestoßen, die es bei uns in Europa, so weit ich weiß, als Seife zu kaufen gibt. Es ist zwar auch kein klassisches Naturkosmentik, allerdings frei von tierischen Produkten und wird in Brasilien erzeugt. Momentan mein kleiner Lichtblick. Aber ich werde noch weiter suchen und finde bestimmt noch mehr!
Alles Liebe,
Mira