Bei dem Begriff „Nachhaltigkeit“ scheiden sich die Geister. Die einen brennen Feuer und Flamme dafür, die anderen sehen einen Angriff mit dem Begriff auf sich selbst und akzeptieren keine Veränderung in ihrem Konsumverhalten. So scheint es zumindest. Entweder das eine Extrem oder das andere. Etwas dazwischen gibt es nicht – und darf es auch nicht geben. So wird das auch in den online Medien verkauft.
Ich ertappe mich selbst dabei, wenn ich Influencern auf ihren Socialmedia Kanälen folge, ihnen ein perfektes nachhaltiges Leben zuschreibe und erst dann begreife, dass auch diese Personen nicht 100% „zero waste“ oder vegan leben. Diese Eigenschaft macht Blogger oder Instagrammer plötzlich nahbarer. Ich zerbreche mir oft den Kopf darüber, was ich mit meinen Fotos auf Instagram, oder mit meinen Blogbeiträgen transportiere. Ich möchte eine Inspiration oder eine Motivation sein, aber keine falsche Welt vortäuschen. Und dann plötzlich befinde ich mich mitten drinnen, in einer Blase die vorgibt etwas anderes zu sein, als sie ist.
Vor einigen Monaten habe ich ein Gespräch mit einer österreichischen Zeitschrift geführt, die dann ein vierseitiges Portrait in ihrem Printmagazin über mich und meinen Blog veröffentlicht haben. Ich fühle mich noch immer sehr geehrt dafür und für mich und meinen Blog bedeutete das einen enormen Schritt. In dem Artikel ging es um „Eco-Travel“, einem Thema für das ich brenne. Leider wurde der Bericht etwas überzogen, sodass ein komplett falsches Bild von mir und meinen Reisen dar gestellt wurde. Laut dem Bericht würde ich jede Reise mit dem Zug antreten und immer nur in Öko-(Luxus)Hotels übernachten. Ich kann mich an keine Situation erinnern, in der ich tatsächlich das Wort „Luxushotel“ in den Mund genommen hätte. Meine Reisen so zu gestalten, wäre natürlich wahnsinnig toll. Um meine Reiselust zu stillen, steige aber auch ich ins Flugzeug, oder fahre mit dem Auto (als Beifahrerin) in den Urlaub. In einem Bio- oder Öko-Hotel konnte ich bisher noch nicht übernachten, weil ich es mir einfach nicht leisten konnte. Ich fand es schade, dass der Bericht so out-of-reality geschrieben wurde und dass sich dadurch wahrscheinlich nur wenige Menschen damit identifizieren konnten.
Einige Male habe ich jetzt auch schon bei kleinen Interviews die Frage gestellt bekommen, wie ich es schaffe so nachhaltig zu leben. Ich weiß darauf ehrlich keine Antwort, denn was bedeutet schon „so nachhaltig“? Gibt es ein nachhaltiges Ziel? Haben wir je genug nachhaltig gehandelt? Ich finde wir sollten aufhören uns mit diesem Begriff zu labeln, er hat nach außen hin nur noch wenig Bedeutung. Erst kürzlich war ich bei einem Presse-Event, welches ganz groß mit „Nachhaltigkeit“ beworben wurde. Das hat mich interessiert, also bin ich hin gegangen, um später heraus zu finden, dass auf dem 10€ T-Shirt, welches dort vorgestellt wurde, nicht einmal ein „Made in“ Sticker zu finden war. Wie verlässlich ist also dieser Begriff noch?
Für mich bedeutet Nachhaltigkeit, so Ressourcen-schonend zu leben, dass nachkommenden Generationen der selbe Lebensstil garantiert werden kann. Deshalb habe ich 2014 dem Blognamen „Roedluvan“ den Untertitel „versuchts jetzt nachhaltig“ verpasst. Seit jeher versuche ich also meinen ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, es funktioniert nicht immer aber ich bin auf einige der Veränderungen mittlerweile schon etwas stolz. Bei anderen Dingen ist noch immer sehr viel Verbesserungsbedarf nötig. Das Reisen habe ich vorhin ja schon angesprochen. Wäre ich ein rich-kid, oder eine super große Influencerin, würden Öko-Reisen viel einfacher zu gestalten sein, aber das bin ich eben nicht. Deshalb versuche ich in meinem Ermessen und mit meinem kleinem Budget so nachhaltig wie möglich auf Reisen zu gehen. Richtig stolz bin ich drauauf, meinen Modekonsum, in den letzten Jahren extrem minimiert zu haben. Seit 2014 habe ich kein Stück mehr bei H&M, Mango, Zara und Co. eingekauft. Neue Kleidung beziehe ich aus zweiter Hand, oder von Fair Fashion Labels. Nur zu Beginn meines Umstieges kaufte ich noch ein bis zwei Teile bei einem Outlet-Shop ein. Auch meinen Haushalt habe ich mittlerweile mit Hilfe meines Freundes sehr umweltfreundlich gestaltet. Keine Servietten, keine Küchenrolle, stattdessen gibt’s Textilien. Wettex werden gewaschen, statt dem Abwaschschwamm gibt’s eine Bürste aus Holz. Waschmittel und Putzmittel stelle ich teilweise selbst her und im Badezimmer waschen wir uns nur noch mit Seife und verwenden hochwertige Öle in Gläsern. Aber auch da bin ich natürlich nicht perfekt. Ich habe weiterhin meine Elektrische Zahnbürste, wofür ich mir regelmäßig neue Plastikaufsätze kaufen muss. Schon seit Monaten möchte ich mir einen Rasierer aus Metall zu legen, schmeiße aber dennoch immer wieder Einwegrasierer in den Müll. Ich habe zwar eine Menstruationstasse zuhause, bin aber noch immer nicht umgestiegen, da ich noch einige Probleme damit hatte und verwende daher weiterhin Binden und Tampons. Das gleiche gilt für meinen Lebensmittelkonsum. Auf Instagram oder auf meinem Blog zeige ich eigentlich nur vegane Rezepte und Mahlzeiten. Ganz einfach aus dem Grund, da ich finde, dass eine rein pflanzliche Ernährung für Umwelt und Mensch die beste ist. Ich möchte den Verzehr von Käse und Eiern auf meinem Blog nicht bewerben. Nichtsdestotrotz, esse ich noch immer ab und zu ein Milch- oder Ei-Produkt. Seit 2014 bin ich Vegetariererin und seit 2016 versuche ich mich vegan zu ernähren. Immer wieder kommt mir aber das Eis vom Eiswagen auf der Donauinsel in die Quere, oder die Pizza mit Morzarella, an einem lazy Sunday. Ich habe es bisher noch nicht geschafft, komplett dazu „Nein!“ zu sagen, und wisst ihr was? Ich finde das okay.
Leinenhose ist sacond hand (aus Mamas Kleiderschrank) // Sandalen von einem Markt aus Mexiko // Shirt von People Tree (Bio-Baumwolle und fair produziert) // Tasche vom Flohmarkt // Hut von H&M (alt) // Ring von I love Blossom (designt und produziert in Wien) // Ohrringe sind second hand (von Mama)
Niemand ist perfekt, und natürlich sollte man im Interesse der Umwelt handeln, und sich kritisch mit Konsum und Ernährung auseinander setzen. Aber man muss sich nicht entscheiden, ob man „nachhaltig“, oder ob man „unnachhaltig“ leben möchte. Es gibt genug Menschen die sich sehr wohl achtsam um ihrem Konsum bemühen. Hier und da ein faires Modestück kaufen, dann aber wieder eines bei einer großen Modekette. Bio-Lebensmittel einzukaufen, ab und an aber auch billige Vollmilchschokolade naschen. Ich finde es wichtig, das jedeR ein gesundes Mittelmaß für sich findet und selbst entscheidet, wo er oder sie Abzüge macht und diese Schritte aber dann Bewusst angeht.
Der erste Schritt ist immer zu akzeptieren, dass wir an dem Klimawandel schuld sind und dass wir etwas dagegen tun müssen. Sich über den eigenen Konsum bewusst werden und zu schauen, was man selbst anders machen kann. Sich von anderen Menschen inspirieren lassen, aber nicht unter Druck bringen lassen. Andere Menschen dabei nicht zu kritisieren, wie sie handeln, sondern zu erst schauen, was man selbst verändern kann.
Fotos von PIXELLICIOUS <3
Ich gehe meinen Weg und versuche ihn so nachhaltig, wie für mich möglich, zu gestalten. Der Austausch auf den Socialmedia Kanälen ist daher umso wichtiger. Denn erst dadurch werden Missverständnisse, aber auch Tipps und Tricks geteilt und man lernt von einander und inspiriert sich gegenseitig.
Was ist euer Bezug zum Thema „Nachhaltigkeit“? Wie geht ihr mit dem Begriff um?
Liebe Mira,
das ist ein ganz großartiger Artikel!
Die Bilder sind wunderschön und bei dem Text bin ich absolut bei dir (bezüglich der Sache mit der Menstruationstasse und den Tampons: das geht mir im Moment genauso – auch, wenn es mittlerweile die Bio-Tampons sind, Müll wird ja trotzdem produziert).
Ich finde es ganz wichtig, anzufangen. Und nicht das Perfekte zu wollen. Denn dann fängt man niemals an. Und so viele Menschen können mit kleinen Veränderungen so viel bewirken, dass es eine Schande wäre, wenn sie alle nie beginnen würden damit.
Danke dir für die schöne Inspiration!
Liebe Grüße
Jenni
Liebe Jenni!
Danke für dein liebes Kommentar!
Mir ging es eine zeit lang wirklich so, dass ich dachte, ich sei nicht am richtigen Weg, oder ich würde zu „unnachhaltig“ agieren, um überhaupt diesen Blog zu führen… Und dass nur wegen vielen Kleinigkeiten. Weil ich mir einmal wieder was in Plastik verpackt gekauft habe, oder eben das mit der Menstruationstasse, oder weil ich Käse gegessen habe, usw.
Dafür ist es umso wichtiger, sich immer wieder vor Augen zu führen, was man nicht alles schon geschafft hat und das hat viel mehr Potenzial!
Alles Liebe,
Mira